Wirtschaftsweiser Bofinger: Euro-Bonds würden System stabilisieren

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat sich im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe) für die Einführung von Euro-Bonds ausgesprochen.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Sie würden das System stabilisieren, allerdings sollte künftig das Europäische Parlament einbezogen werden und die Haushalte von klammen Staaten absegnen." Bofinger fordert auch die Einrichtung einer europäischen Wirtschaftsprüfung, deren Experten die Zahlen der Regierungen überprüfen sollten, sowie ein europäisches Schatzamt. "Und als ultima ratio muss es die Möglichkeit geben, ein Land rauszuschmeißen, wenn es sich nicht an die Vorgaben hält", erklärte der Würzburger Universitätsprofessor im SZ-Interview.

Sehr viel höhere Zinsen für Deutschland erwartet Bofinger mit den Euro-Bonds nicht: "Die Zinsen in Deutschland sind derzeit eindeutig zu niedrig. Entscheidend für den Anleger in Eurobonds wäre, was er im Vergleich bei amerikanischen Staatsanleihen erhält." Den Euro-kritischen Deutschen attestierte Bofinger eine `Oh-wie schön-ist Panama-Haltung`: "Die besagt, dass früher mit der D-Mark ja auch alles in Ordnung war, Exportweltmeisterschaft inklusive. Diese Welt gibt es aber nicht mehr. Experimente können wir uns in der Ökonomie nicht leisten, anders als in der Medizin. Wir sehen doch in der Schweiz, wie die Wirtschaft mit einer zu starken Währung kaputt gemacht wird."

Anders als Bofinger empfiehlt der Ökonom Max Otte im SZ-Interview den Austritt einiger Euro-Staaten: "Es würde die Integration stärken, wenn wir einige Randstaaten aus der Währungsunion ließen - Irland, Portugal, Griechenland und Spanien. Damit wäre ihnen gedient. Sie könnten mit dem irischen Pfund, dem Escudo, der Drachme oder der Peseta wettbewerbsfähiger werden."

Ein Problem ergebe sich nicht, denn in den EU-Ländern Polen, Dänemark oder der Tschechischen Republik klappe es ohne Euro auch wunderbar. Als Lösung der Schuldenprobleme in den westlichen Industriestaaten empfiehlt Bofinger die Einführung höherer Steuern: "Unter den Staaten mit den höchsten Schulden sind - abgesehen von Griechenland - die USA, Irland und Japan. Das sind auch die Staaten mit den geringsten Steuereinnahmen. Die skandinavischen Länder mit höheren Steuersätzen sind gut durch die Krise gekommen." Auch die Vernetzung der Finanzhäuser müsse reduziert werden. "Ein richtiger Stresstest müsste ergeben, dass es alle großen und systemrelevanten Kreditinstitute überleben würden, wenn etwa die Deutsche Bank pleite ginge. Dazu dürfte keine Bank offene Positionen bei anderen haben, die mehr als zehn Prozent des harten Eigenkapitals betragen", sagte Bofinger. Ökonom Otte bezweifelt im Streitgespräch mit Bofinger, dass Banken in die Pflicht genommen werden. "Das wird politisch an der Finanzoligarchie scheitern, sie ist inzwischen so stark, dass sie immer Mittel und Wege finden wird, sich der Aufsicht zu entziehen, um weiter ihren Zockergeschäften zu frönen. Wir schützen die Reichen, die den Staat gekapert haben."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 16.08.2011

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