Wirtschaftsweiser Wiegard zweifelt an Fachkräftemangel

Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard hat seine Zweifel am viel beschworenen Fachkräftemangel in Deutschland geäußert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - "Ich beobachte, dass die Unternehmen zwar über Fachkräftemangel klagen, die Gehälter aber bisher nicht wesentlich gestiegen sind. So groß kann der Fachkräftemangel also nicht sein", sagte Wiegard der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe). Eine Absage erteilte der Ökonom den Steuersenkungsplänen von CSU und FDP.

Die Schuldenstandquote Deutschlands sei immer noch hoch. "Steuersenkungen können wir uns deshalb auf absehbare Zeit nicht leisten", sagte Wiegard. "Es wäre eine Schnapsidee, Steuersenkungen mit konjunkturbedingten Mehreinnahmen zu finanzieren."

Kritik übte der Finanzexperte auch am Steuerkonzept der SPD, das eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent vorsieht. Eine Anhebung würde eine große Masse an Personenunternehmen treffen, ihre Belastung würde auf über 50 Prozent steigen, sagte Wiegard. "Das wäre völliger Wahnsinn."

Wiegard befürchtet, dass die Griechenland-Krise noch lange nicht ausgestanden und das Land auch über 2013 hinaus finanzielle Hilfen brauchen wird. "Auch nach Auslaufen der Hilfen wird Europa Griechenland unterstützen müssen, und für die Hilfen könnte der deutsche Steuerzahler aufkommen müssen", sagte Wiegard. Der Wirtschaftsprofessor glaubt, dass es zu einer Umstrukturierung der griechischen Schulden kommen wird.

"Dass Griechenland ohne eine Umschuldung auskommt, daran kann man begründete Zweifel haben. Die Frage ist, wer dann die Zeche zahlen muss", so Wiegard. "Ich kann mir da Mechanismen vorstellen, bei denen nur die Banken im Boot sitzen, nicht aber der deutsche Steuerzahler." Dafür müssten allerdings die Pläne für einen Permanenten Krisenmechanismus verschärft werden. "Der jetzige Vorschlag reicht nicht aus", sagte Wiegard. Es drohe die Gefahr, dass die Politik nie von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen wird, bei der Insolvenz eines Landes die privaten Gläubiger einzubeziehen. "Eine Grundvoraussetzung für Hilfen muss sein, dass private Gläubiger immer einbezogen werden" Um eine Bankenkrise zu verhindern, sollten Finanzhäuser Kapital für risikobehaftete Staatsanleihen vorhalten müssen. "Je schlechter das Rating, desto höher sollte das Eigenkapital sein, dass die Banken hinterlegen müssen. Wenn das erreicht wird, ist der deutsche Steuerzahler weitgehend raus", so Wiegard. Den Euro als ganzes sieht der Regensburger Ökonomieprofessor nicht in einer Krise. "Wir erleben keine Krise des Euro, sondern eine Schuldenkrise einzelner Staaten sowie des institutionellen Regelwerkes innerhalb des Währungsgefüges." Der Euro sei seit Ausbruch der Krise in einer geringen Bandbreite geschwankt. "Von einer Weichwährung kann keine Rede sein", so Wiegard.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 02.02.2011

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