Wohlfahrtsverband: Hartz-IV-Satz könnte nach Neuberechnung 394 Euro betragen

Die staatlichen Leistungen für die etwa 4,8 Millionen erwachsenen Hartz-IV-Empfänger würden deutlich höher ausfallen, wenn die Regierung ihre Berechnungsmethode verändert.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das ergibt sich aus dem neuen Datenmaterial, das das Bundesarbeitsministerium im Zuge der Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform der Opposition zur Verfügung gestellt hat. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstagausgabe). Statt der geplanten Erhöhung von 359 auf monatlich 364 Euro würde dann nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ein Hartz-IV-Satz von 394 Euro herauskommen, das wäre eine Erhöhung um 35 statt um fünf Euro.

Die Opposition fühlt sich dadurch in ihrer Kritik bestätigt: "Wir vermuten, dass bei der Neuberechnung der Regelsätze sehr stark nach der Haushaltslage entschieden wurde", sagte die stellvertretende SPD-Chefin, Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig, der SZ. Die Hartz-IV-Sätze werden von Erhebungen des Statistischen Bundesamtes abgeleitet. Es ermittelt anhand seiner Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), wofür Haushalte Geld ausgeben. Insgesamt geht es dabei um knapp 200 Positionen, von Nahrungsmitteln bis zur Praxisgebühr beim Arzt.

Entscheidend ist dabei, welche Vergleichsgruppe der nach Einkommen geschichteten Ein-Personen-Haushalte herangezogen wird. Das Arbeitsministerium rechnete zunächst die Hartz-IV- und Sozialhilfe-Bezieher selbst heraus, um sogenannte Zirkelschlüsse zu vermeiden. Dann zog es die übrigen einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte heran, um den Hartz-IV-Satz zu ermitteln.

Früher hatten aber nach Herausnahme der Sozialhilfeempfänger jeweils die unteren 20 Prozent als Basis gedient. Die SPD-geführten Länder, auf deren Stimmen das Regierungslager für die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neubemessung der Hartz-IV-Sätze angewiesen ist, forderten deshalb das Arbeitsministerium auf, neu zu rechnen: mit der Variante für die untersten 20 Prozent. Außerdem sollten zusätzlich vorher die "Aufstocker" herausgenommen werden, also Hartz-Empfänger, die staatliche Grundsicherung erhalten und einen Mini-, Teilzeit- oder Vollzeitjob haben.

Schließlich unterscheidet sich das Lebensniveau dieser Menschen, die dazuverdienen, kaum von denen, die allein von Hartz IV leben. Die Rohdaten dieser Neuauswertung liegen nun vor. Anhand dieser errechnete der Paritätische Wohlfahrtsverband: Der neue Hartz-IV-Satz würde demnach 394 Euro und nicht 364 Euro betragen. SPD-Vize Schwesig fordert von der Leyen nun auf, selbst den Regelsatz anhand der veränderten Berechnungsmethode zu ermitteln und zu begründen, warum sie sich bislang "für die billigere Rechenvariante entschieden hat". Das Arbeitsministerium hat Kritik an der 15-Prozent-Marke bislang stets zurückgewiesen. Schließlich habe man vorher 8,6 Prozent der Ein-Personen-Haushalte, nämlich alle Empfänger von Hartz IV, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter herausgerechnet. Die Berechnungen, heißt es im Hause von der Leyen, seien "unbestechlich".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 13.01.2011

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