Zeitung: Kontrolle der Kinder-Vorsorgeuntersuchungen nützt wenig

Der Schutz von Kindern vor Verwahrlosung ist durch die amtliche Überwachung der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen nicht besser geworden.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das ergaben Recherchen der "Zeit". Bislang unveröffentlichte Zahlen aus mehreren Bundesländern zeigen demnach: Zwar steigern Briefe und Hausbesuche der Behörden die Teilnahmequote an den sogenannten U-Untersuchungen. Die mit den Untersuchungen verbundene Hoffnung, bisher nicht bekannte Fälle von Verwahrlosung auf zu decken, erfüllte sich allerdings offenbar nicht.

In den allermeisten Fällen erweisen sich die aufwändigen Überprüfungen durch die Jugend- oder Gesundheitsbehörden sogar als überflüssig, weil die Eltern zum Zeitpunkt der Erinnerung bereits beim Arzt gewesen sind. So ergab eine unveröffentlichte Auswertung der Kontrollen in Nordrhein-Westfalen 2010, dass neunzig Prozent der Eltern die Untersuchung zum Zeitpunkt der behördlichen Kontrolle bereits haben durchführen lassen. Auf eine Gefährdung des Kindswohls stießen die Mitarbeiter der Jugendämter nur bei 20 von 26.371 Hausbesuchen und Anrufen (0,08 Prozent).

"Leib und Leben waren jedoch niemals akut bedroht", sagte Thomas Fink vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der die Zahlen analysiert hat. Ähnliche Zahlen liegen aus Berlin, Schleswig-Holstein und Hessen vor. "Weniger effektiv kann Geld für den Kinderschutz kaum ausgegeben werden", kritisierte Thomas Meysen vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht.

In NRW mussten die Behörden umgerechnet rund 30 Sozialarbeiter für die Kontrollen abstellen. Auf das sogenannte "verbindliche Einladungswesen" hatten sich Bund und Länder auf einem "Kindergipfel" im Dezember 2007 geeinigt. Zuvor waren verschiedene Fälle von Minderjährigen bekannt geworden, die infolge von Schlägen oder Vernachlässigung gestorben waren.

Experten aus Wissenschaft und Praxis hatten die flächendeckenden Kontrollen jedoch schon damals als bürokratisch und ineffektiv abgelehnt.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 08.06.2011

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