Zeitung: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen kompletten Aufsichtsrat von Solar Millennium

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermittelt gegen den gesamten Aufsichtsrat des Kraftwerksentwicklers Solar Millennium wegen des Verdachts auf Prozessbetrug und Urkundenfälschung.

Nürnberg (dts Nachrichtenagentur) - Die Ermittlungsbehörde bestätigte entsprechende Informationen der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe). Die Kontrolleure sollen versucht haben, im juristischen Streit mit dem früheren Vorstandschef Utz Claassen das Landgericht zu täuschen. Das Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen 203 Js 18050/11 wurde Ende vergangener Woche eingeleitet.

Es geht zurück auf eine Strafanzeige von Claassen selbst und gibt den Auseinandersetzungen eine neue juristische Dimension. Bereits seit Frühjahr laufen Vorermittlungen gegen den Aufsichtsrat wegen möglicher Untreue, ein formales Ermittlungsverfahren gab es aber bislang nicht. Kern des Streits zwischen Claassen und Solar Millennium ist die Frage, ob der Manager trotz seines Abgangs nach nur 74 Tagen die 9,2 Millionen Euro behalten darf, die er als Antrittsgelder erhalten hatte.

Die Firma fordert das Geld zurück und führt unter anderem ins Feld, Claassen habe seine Zusage nicht eingehalten, die Summe nach Steuerabzug in Solar-Millennium-Aktien zu investieren. Der Manager gibt dagegen an, dass es eine derartige Übereinkunft nie gegeben habe. Dennoch habe das Unternehmen diesen "ungeheuerlichen, zudem frei erfundenen und zweifelsfrei und beweisbar falschen Vortrag verfestigend wiederholt", heißt es in der Strafanzeige von Claassens Anwalt Frank Silinger, die der "Welt" vorliegt.

Mit diesen "frei erfundenen Behauptungen" werde versucht, "das Gericht zu täuschen und zum Erlass eines Fehlurteils zu veranlassen, um der Gesellschaft einen erheblichen Vermögensvorteil zu verschaffen". Solar Millennium soll sogar gefälschte Dokumente vorgelegt haben, um die eigene Argumentation zu untermauern. So sei im Zivilverfahren eine angebliche Gehaltsabrechnung Claassens für Januar 2010 vorgelegt worden, die die bereits Ende 2009 ausgezahlten Antrittsgelder als "Vorschuss" bezeichnet.

Diese Abrechnung sei jedoch erst im Nachhinein "manipulativ und fälschend" erstellt worden, schreibt Silinger. Auf der Abrechnung, die Claassen im Januar 2010 tatsächlich erhalten habe, sei nicht von Vorschuss die Rede gewesen. Vielmehr sei "zutreffend der Begriff `bereits gezahlt` verwendet worden". Dies erfülle den Tatbestand der Urkundenfälschung. Der Aufsichtsrat wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Man wisse nichts von dem Ermittlungsverfahren, sagte ein Sprecher des Gremiums.

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 01.09.2011

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