Zeitung: Verfassungsschutz zahlte 180.000 Euro an umstrittenen V-Mann "Corelli"

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zahlte an einen V-Mann aus dem NSU-Umfeld insgesamt rund 180.000 Euro Honorar.

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das belegen nach Informationen von "Bild am Sonntag" Verfassungsschutz-Akten, die dieser Tage dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages zugingen. Es ist die größte bekannt gewordene Summe für einen V-Mann. Der SPD-Geheimdienstexperte Thomas Oppermann verlangt deshalb Aufklärung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Es geht um den Neonazi Thomas R., der unter dem Decknamen "Corelli" gespitzelt hat und dessen Kontaktdaten 1998 auf einer Liste der Zwickauer Terrorzelle entdeckt worden waren. Laut den vertraulichen Unterlagen beglich die Behörde auch die fälligen Steuern für ihren V-Mann. Im Gegenzug spionierte "Corelli" für den Verfassungsschutz 18 Jahre lang in der rechtsextremistischen Musik-Szene, berichtete auch über den deutschen Ableger des Ku-Klux-Klan.

Bei dem rassistischen Geheimbund machte "Corelli" Karriere, sodass er zu einem Klan-Treffen in die USA eingeladen wurde. Selbst die Reisekosten zahlte der Verfassungsschutz. Nach Informationen von "Bild am Sonntag" war die Zusammenarbeit mit dem Neonazi aus Sachsen-Anhalt so eng, dass die Verfassungsschützer befürchteten, "Corelli" könnte vor einem Arbeitsgericht eine Festanstellung bei der Behörde einklagen.

Erst im November 2012 schaltete der Dienst "Corelli" ab und brachte ihn in einem Zeugenschutzprogramm unter. Thomas R. lebt heute mit neuer Identität in England. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte sich auf Anfrage zu "Corelli" nicht äußern.

Thomas Oppermann (SPD), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, hält "die Höhe der Honorare und die Dauer des V-Mann-Einsatzes für hochproblematisch". Der "Bild am Sonntag" sagte er: "Der zuständige Innenminister Hans-Peter Friedrich muss erklären, wieso `Corelli` so viel Geld kassierte. Niemand darf allein von seiner Tätigkeit als V-Mann leben." Angesichts des Falles "Corelli" fordert Oppermann nun ein V-Mann-Gesetz: "Bisher spielt das alles in einem rechtsstaatlichen Graubereich. Wir brauchen endlich klare gesetzliche Grundlagen für den Einsatz von Informanten."

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 24.02.2013

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