Zentralrat der Muslime: Islam in Deutschland bleibt unter seinen Möglichkeiten

Der Islam in Deutschland bleibt von seinem intellektuellen Anspruch und Potenzial her "weit unter seinen Möglichkeiten, sich zeitgemäß zu begreifen".

Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Das sagte Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD), den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Als Grund nennt der Vorsitzende des Zentralrats, der 300 Moscheegemeinden und 19 islamische Verbände vertritt, eine fehlende islamische Infrastruktur. "Wir haben anders als die großen Kirchen keine Akademien und kaum Bildungseinrichtungen, die Raum geben können, um kontroverse Debatten zu führen. Wir haben durchaus Nachholbedarf, etwa bei der Abgrenzung unserer Religion von Ideologien." Auf die öffentliche Kritik des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, wonach der Islam in Deutschland "von Aufklärung und Religionskritik kaum irritiert" sei, entgegnete Mazyek: "Die Muslime können und müssen sich immer wieder aus sich selbst heraus erneuern. Unsere Religion bietet dafür ausreichende Grundlagen."

Allerdings machten viele "Stellvertreter-Debatten und Schwarzer-Peter-Spiele" den Muslimen Angst. Viele zögen sich ins Schneckenhaus zurück. "Gebildete gehen ins Ausland. Oder in ihre alte Heimat." Anstatt das Potenzial von 99 Prozent friedlichen Muslimen zu nutzen, würden Muslime in Deutschland einem "Generalverdacht" ausgesetzt. Wörtlich sagte Mazyek: "Wir haben unsere Imame im Dezember aufgerufen, in den Freitagspredigten einen Kernsatz zu benutzen: "Die Verteidigung unserer freiheitlichen Grundordnung ist eine Bürger- und Islampflicht." Die Reaktion in den Moscheegemeinden war hervorragend. In der Öffentlichkeit wurde davon kaum Notiz genommen." Mazyek beklagt fehlende Unterstützung der Muslime, auch wenn sie angegriffen würden. "Ich hätte zum Beispiel von der Bundeskanzlerin erwartet, dass sie sich nach den gehäuften Attacken auf Moscheen deutlicher vor uns stellt. Es ist egal, ob ein muslimisches, jüdisches oder christliches Gotteshaus angegriffen wird. Wir alle sind damit angegriffen." Für den zehnten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 New York und Washington befürwortet der Zentralrats-Vorsitzende die Idee eines "großen interreligiösen Gebetes".

Meldung der dts Nachrichtenagentur vom 31.01.2011

Zur Startseite